Änderungen im Verbraucherrecht, erläutert für Raumausstatter und Bodenleger

Mit Gesetz vom 25.06.2021 hat der Gesetzgeber verschiedene Europäische Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt. Neben vielen textlichen Änderungen, die nur wenig Neues bringen, gibt es wichtige Änderungen im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs und bei Verträgen über digitale Produkte und Waren mit digitalen Elementen.

Die nachfolgend erläuterten Neuregelungen gelten für alle Verträge, die ab dem 01.01.2022 neu geschlossen werden. Ein vor dem 01.01.2022 abgeschlossener Vertrag ist auch dann noch nach dem bisherigen Recht zu behandeln, wenn er erst im Jahr 2022 abgewickelt wird.

 

Fristsetzung zur Mangelbeseitigung entbehrlich

Was ändert sich?

Nach dem neuen § 475 Abs. 5 BGB muss der Verbraucher den Unternehmer beim Kaufvertrag (das Werkvertragsrecht wurde an dieser Stelle nicht geändert) nur noch über einen Mangel unterrichten. Schon die Unterrichtung setzt eine angemessene Frist zur Nacherfüllung (Nachbesserung oder Nachlieferung) in Gang. Nach Ablauf dieser Frist kann der Verbraucher vom Vertrag zurücktreten (§ 475 d Abs. 1 Nr. 1 BGB), Minderung oder Schadensersatz verlangen.

Was bedeutet das für Sie?

  1. Auf Beanstandungen schnell reagieren

Wenn Ihr Kunde einen Mangel beanstandet, sollten Sie den Mangel schnell untersuchen und bei Bedarf beseitigen.

  1. Welche Frist ist „angemessen“?

Welche Frist „angemessen“ im Sinne des Gesetzes ist, kann nicht allgemein gesagt werden. Nach der gesetzlichen Regelung sollen Kriterien für die Angemessenheit der Frist die

  • Art der Ware und der
  • Zweck, für den der Verbraucher die Ware benötigt

sein. Daraus wird man möglicherweise folgern können, dass bei einem Mangel an einer Verdunklungsvorrichtung im Schlaf- oder Kinderzimmer eine kürzere Frist läuft als bei einer Gardine im Wohnzimmer.

  1. Modalitäten der Nacherfüllung

Die Nacherfüllung soll „ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher“ erfolgen. Ab wann die Unannehmlichkeiten „erheblich“ sind, und was es für Rechtsfolgen hat, wenn die Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erheblich sind, sagt das Gesetz nicht.

 

Nur ein Mangelbeseitigungsversuch

Was ändert sich?

Nach der jetzt eindeutigen Regelung des § 475 d Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Verbraucher vom Kaufvertrag zurücktreten und weitere „Sekundärrechte“ wie Minderung oder Schadensersatz verlangen, wenn der erste Mangelbeseitigungsversuch gescheitert ist. Die „Mär vom dreimaligen Nachbesserungs­recht“ ist damit endgültig Geschichte.

Was bedeutet das für Sie?

Der erste Mangelbeseitigungsversuch muss „sitzen“, einen zweiten Versuch gibt es nach der gesetzlichen Regelung nicht mehr.

Achtung: Den Ersatz von Aus- und Einbaukosten dürfte der Lieferant im Regelfall auch nur für den ersten Nachbesserungsversuch schulden.

 

Beweislastumkehr bei Mängeln

Was ist neu?

Schon nach der alten Regelung zum Verbraucherkaufvertrag wurde vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich innerhalb von 6 Monaten nach Gefahrübergang ein Mangel zeigte, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar (§ 477 BGB aktuelle Fassung).

Diese Frist wird jetzt in der Neufassung des § 477 BGB auf ein Jahr verlängert.

Was bedeutet das für Sie?

Für Verbraucher wird es einfacher, Mängelrechte geltend zu machen, denn im ersten Jahr nach Gefahrübergang muss der Unternehmer beweisen, dass die verkaufte Sache nicht mangelhaft war. Um Mängelansprüche des Kunden abwehren zu können, wird es daher noch wichtiger, die Ursachen der von dem Kunden als „Mangel“ gerügten Erscheinungen zu prüfen und zu dokumentieren.

 

Verlängerung der Verjährung

Was ändert sich?

Bei Mängeln, die sich noch innerhalb der Verjährungsfrist für Mängelansprüche (in der Regel 2 Jahre bzw. 5 Jahre bei Waren, die für ein Bauwerk verwendet werden) gezeigt haben, wird eine so genannte Ablaufhemmung eingeführt: Ansprüche wegen dieser Mängel verjähren nicht vor dem Ablauf von 4 Monaten nach dem Zeitpunkt, an dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat. Bei Mängeln, die sich erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist zeigen, verlängert sich die Verjährungsfrist faktisch um bis zu 4 Monate.

Was bedeutet das für Sie?

Zunächst ist festzuhalten, dass diese mögliche Verlängerung der Verjährung nur bei Verbraucherkaufverträgen gilt, bei Kaufverträgen mit Käufern, die nicht Verbraucher sind, oder bei Werkverträgen tritt diese Verlängerung nicht ein.

Wenn der Verbraucher im Zeitraum bis zu 4 Monaten nach dem regelmäßigen Eintritt der Verjährung noch Mängel gerügt, gilt es sorgfältig zu prüfen, wann sich der Mangel erstmals gezeigt hat. Wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass sich der Mangel schon mehr als 4 Monate vor Eintritt der Verjährung oder erst nach Eintritt der Verjährung erstmalig gezeigt hat, sind Ansprüche dennoch verjährt. Anhaltspunkte für die entsprechenden Daten können beispielsweise die Daten sein, zu denen „Beweisfotos“ angefertigt wurden.

 

Vorsicht bei Garantien!

Was ist neu?

Bislang konnte der Hersteller und / oder der Verkäufer relativ frei entscheiden, ob und ggf. welche Garantien über die gesetzliche Nacherfüllungsverpflichtung („Gewährleistung“) hinaus abgegeben wurden. Lediglich die gesetzliche Nacherfüllungsverpflichtung durfte durch eine „Garantie“ nicht eingeschränkt werden.

Die Neuregelung in § 479 BGB stellt nicht nur neue Anforderungen an Form und Inhalt einer Garantieerklärung, sondern gibt einen Mindestumfang der geschuldeten Garantieleistungen vor: Bei einer „Haltbarkeitsgarantie“ stehen dem Kunden alle wesentlichen Nacherfüllungsrechte (Nachbesserung, Neulieferung, Ersatz von Aus- und Einbaukosten usw.) zu.

Was bedeutet das für Sie?

Prüfen Sie genau, ob Sie selbst Ihren Kunden gegenüber eine über die gesetzlichen Pflichten hinausgehende Garantie abgeben wollen. Wegen der weitreichenden Folgen sollten Sie rechtlichen Rat einholen, da dies im Rahmen dieses Merkblatts nicht erschöpfend dargelegt werden kann.

Wenn der Hersteller der von Ihnen verkauften Produkte eine Herstellergarantie abgegeben hat, kann sich der Hersteller nur noch sehr eingeschränkt auf Begrenzungen seiner Garantieerklärung berufen. Sie sollten daher die Herstellergarantien dokumentieren, um Ihren Kunden im Garantiefall weiterhelfen zu können und sich gleichzeitig den Rückgriff auf den Hersteller zu ermöglichen.

 

Waren mit digitalen Elementen

Die Digitalisierung macht auch vor Raumausstattern und Bodenlegern nicht halt. Zwar dürften reine digitale Produkte (Software-Erstellung und -Lieferung) eher selten vorkommen, aber mit der Verbreitung von „Smart-Home“-Elementen werden zunehmend auch digitale Bausteine geliefert. Man denke beispielsweise an Windwächter für Markisen oder ähnliche Produkte, die über eine Smart-Home-Steuerung gesteuert werden.

Was ist neu?

Spezielle Regelungen für Verträge über digitale Produkte oder Produkte mit digitalen Elementen kannte das Gesetz bislang nicht. Ab dem 01.01.2022 wird sich das ändern. Für alle Verträge, die (auch) die Bereitstellung von digitalen Elementen enthalten, gelten ergänzend zu den Vorschriften über Kauf-, Miet- oder Werkvertrag die §§ 327 ff BGB.

An digitale Produkte werden zusätzliche Anforderungen gestellt, unter anderem

  • Funktionalität, die Fähigkeit des Produkts, seine Funktionen seinem Zweck entsprechend zu erfüllen,
  • Kompatibilität, die Fähigkeit, mit der üblichen Hardware oder Software zu funktionieren, und
  • Interoperabilität, die Fähigkeit, unter Umständen auch mit anderer Hardware oder Software zu funktionieren.

Der Unternehmer, der einem Verbraucher Produkte mit digitalen Elementen zur Verfügung stellt, muss unter anderem sicherstellen, dass

  • das Produkt mit dem Zubehör und den Anleitungen bereitgestellt wird, deren Erhalt der Verbraucher erwarten kann,
  • dem Verbraucher Aktualisierungen bereitgestellt werden und der Verbraucher über diese Aktualisierungen informiert wird, und
  • dass das Produkt in der neuesten verfügbaren Version bereitgestellt wird.

Was bedeutet das für Sie?

  1. Klären Sie spätestens bei Auftragserteilung, in welche Hardware- und Software- Umgebung das Produkt eingebunden werden soll.
  2. Klären Sie mit Ihrem Lieferanten bzw. dem Hersteller, dass dieser Software-Aktualisierungen bereitstellt und den Verbraucher hierüber informiert.
  3. Soweit der Hersteller hierfür eine Registrierung des Produkts vorsieht, veranlassen Sie Ihren Kunden zur ordnungsgemäßen Registrierung der Produkte.

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